Kopflos

Vom Ende der Weihnachtspause: Hält man ja im Kopf nicht aus, diese Seitenwechsel, immer ein Zeitstück für Mutter: Vater: Großvater: Großmutter, schön brav aufteilen das Kind, damit auch niemand zu kurz kommt.

Will sich das Kind ein bisschen um Wichtiges kümmern, Aktuelles zur festive season, kommen ungefragt diese Neobondagelingerie-Fotostrecken daher, peinliche Unterwäsche an Models, deren Köpfe fehlen, als ob sie einfach nicht mehr auf die Seite passen würden. Dabei weiß man, dass einer der Körper Rose gehört, die ist gerade das Allerangesagteste, und eigentlich erkennt man sie auch kopflos, so oft gesehen in der letzten Zeit. Die Hälse vom Seitenrand gekappt, der ja durchaus scharf sein kann, hab mir schon ein paarmal in die Fingerkuppe geschnitten. Den Finger ausgestreckt, um das Blut tropfen zu sehen. nG

Sommer

Heute streiche ich jeden Kommentar. Was soll man an einem 23. Dezember noch sagen, außer, dass in einem halben Jahr der Sommer beginnt, das ist doch schon mal eine erfreuliche Nachricht. nG

Datensalat, arbeitsungeeignet

Rot-weiß ist übrigens auch eine großartige Frühlingskombination, Sommervorgeschmack. Braucht man ein anderes Grün dazu, kein Stechpalmendunkelgrün vor roten Weihnachtsmützen mit winterweißem Schneerand, mehr ein frühlingsgrünes Frühlingsgrün. Ein leuchtend helles Gelbgrün, das sich in den Sommer rettet. Ich persönlich hasse den Winter, könnte man ersatzlos streichen, Winterschlaf wär auch nicht schlecht, oder von Oktober bis März nach Australien ziehen, das würde mir überhaupt am besten gefallen.

Hier das Ergebnis meines montäglichen Streetview-Streifzugs. Im Unterschied zu Google Earth frage ich die Leute vorher, ob sie fotografiert werden wollen, die meisten lachen und sagen ja, nicht zu fassen, wie einfach das ist. Sie fragen mich, warum ich mich für ihre Outfits interessiere, freuen sich, na klar. Ich freue mich ja auch, wenn sie mir gratulieren, zu meiner neuesten Kopfbedeckung zum Beispiel. Manchmal kommt man richtig ins Gespräch, wenn jemand so ganz schneesüchtig in Winterweiß und Beerenrot daherkommt etwa, bitte, ich lasse mich ja überzeugen

biancas_spaghettieis daswurmt.wordpress.com/tags/herrwurm

und sage höflich: Guten Tag, Herr Wurm!

Ich frage mich, warum Manipulation so eine miese Presse hat, ich glaube nämlich nicht, dass Manipulation für sich genommen schlecht ist. Mode ist nichts als Manipulation; durch Harzungen, Sport, Maniküre und chronisches Hungern können wir die Zugehörigkeit zur richtigen Gruppe sogar am nackten Körper noch beweisen. Und mit Tattoos natürlich. Und dann erwarten, dass alle diese Zeichen auch gesehen werden. Von uns selbst und anderen, das muss man verlangen dürfen, dass wir uns wenigstens selbst gefallen.

An meine lovely haters: Da hat jemand was abgesondert, was man als nicht geeignet für die Arbeit (nsfw) bezeichnen muss: Frauen kontrollieren, Männer lassen es einfach kommen. Was noch dazu falsch ist. Männer arbeiten genauso intensiv an ihrem Auftritt. Was für ein blöder Ausdruck übrigens, was soll überhaupt suitable for work sein an Blogeinträgen? Ich meine, normalerweise macht man zum Geldverdienen eher was anderes als Posts lesen und seinen Senf dazugeben, außer natürlich, genau das ist die Arbeit, kann ja vorkommen. Vor allem das Lesen. Das wird überhaupt der Wirtschaftszweig der Zukunft, wenn ich drüber nachdenke, alles, wofür man die Ausbildung noch braucht: Interpretieren, was die Scanprogramme täglich an frischem Datensalat auftischen. nG

die äußerste Welt

Frauen, sagt meine Mutter, sollten endlich aufhören, so krampfhaft ihr Bild kontrollieren zu wollen. Sure, Mama. Macht doch Spaß. Sie lacht nur, überhaupt ist sie sehr gut aufgelegt in letzter Zeit, wirst schon noch sehen, dass das irgendwann kein Spaß mehr ist. Mir doch egal: Kontrollieren wir jetzt einmal fröhlich unser Bild. Styling ist das ultimative Tool dafür. Ultimativ, wo das schon wieder herkommt: von den äußersten Grenzen der Wahrnehmung? Dem Rand der bekannten Welt? Und das ist kein Tellerrand, über den man blicken sollte. Man könnte runterfallen.

Auf dem Teller das Schlaraffenland, das Erdbeerland, Erdbeeren bis zum Abwinken, bis man Ausschläge kriegt, Erdbeeren mit Schlagobersbergen, und das zu Weihnachten, uns bleibt immer noch Spanien, sind ja auch die Weihnachtswichtelfarben, immer schön rot und weiß, Spitzbergen am Rand der bekannten Welt. Erdbeeren und Schlagobers sind füreinander rausgemendelt worden: der Gipfel der Evolution, der Mensch hat nur erfunden werden müssen, um das Fette von der Milch abzuschöpfen und irgendetwas zum Aufschäumen aufzutreiben, zur Erzeugung von Schneebergen, nein Sahnebergen selbstverständlich, um dieses ultimative Bild purer, frischer Schönheit zu erzeugen: rotglänzende Beerenstücke in einem Meer von weißem Schaum.

Und neben dem polarweißen Schaummeer ein Leuchtturm, in dem Leuchtturm ein Leuchtturmwärter inklusive Leuchtturmwärterkappe, und was für eine Kappe trägt ein Leuchtturmwärter am Ende der Welt? Keine Arbeiterkappe, keine revolutionäre, eine mit Flügeln und moosigen Fellhaaren auf der Innenseite vielleicht? Übrigens gibt es am Polarkreis keine Leuchttürme, wovor sollten die warnen? Jedem Eisberg sein eigener Leuchtturm? Vielleicht begrüßt er aber auch die Außerirdischen, die mit den extraterrestrischen Partikeln des Sonnensturms an den Polen des Erdmagnetfeldes hereinwehen. Ihr wisst schon, diese Teilchen, die auf youtube immer so schöne grüne Polarlichtschlieren ziehen, ein einziges komplementärfarbiges Erdbeersahnenachbild. In Wirklichkeit gar nicht so bunt. Alles photogeshopt, gephotoshopt. Wie sagt man? nG

das Nächstliegende

Darum soll es hier gehen: Wer bin ich und wie zeige ich das der Welt? Wie gestalte ich mein Image? Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Selbermachen. Sofortige Außenwirkung garantiert!

  1. Wer bin ich?

Von außen nach innen, vom Nächstliegenden zum Allernächsten: Gummistiefel mit Blumenmuster. Jeans. Ja, ich trage Jeans. Und dieses unglaubliche Hemd, dessen Karomuster die Blumenfarbe aufgreift. Karo vs. Blumen. Innen drin: die, die diesen Blog schreibt, die mit den komischen Hüten und den seltsamen Einfällen. Allerdings:

  1. Woher weiß ich das?

Diese Frage ist wiederum zu unterteilen in

(a) woher weiß ich, dass ich ich bin? und

(b) woher weiß ich, wie ich bin?

(a) ist einfach nicht beantwortbar. Eine meiner ältesten Erinnerungen ist die, dass ich mich fragte, warum dieses Ding, das Ich sagt, eigentlich in meinem Kopf drin ist und nicht, sagen wir, in dem meines Spielplatzfreundes. Die Antwort auf (b) kann jeden Tag anders lauten, und das versuchen wir hier, sonst wird’s ja langweilig.

  1. Warum will ich, dass die anderen das auch erfahren?

Ehrlich: keine Ahnung. Selbstbestätigung? Grundsteinlegung für spätere Karrieren? Weil das Aussehen einiges mit der finanziellen Einordnung zu tun hat?

  1. Oder will ich das am Ende gar nicht, will ich womöglich nur, dass die anderen etwas in mir sehen, das ich vorher festlege?
  1. Wie bringe ich die anderen dazu, das in mir zu sehen, von dem ich will, dass sie es in mir sehen? Styling, ist alles nichts als Styling. Selbstbild vs. Gibt es das überhaupt, Fremdbild?
  1. Und wer sind überhaupt die anderen?

nextGirl

Entwindung

Ich setze mich in das Café unter der Museumskuppel und frage mich mal wieder, warum die damals den Durchbruch so klein gemacht haben, das kreisförmige Loch in der Mitte, von dem aus man in die Eingangshalle sieht: verschenkte Gelegenheit, nimmt dem Raum die Wirkung. Manchmal treffe ich mich hier mit meinem Vater. Er lässt mich warten, ich sehe mir das komische Video mit Bianca an, und was sieht man drauf: den Raum, in dem ich jetzt sitze, so ein Zufall. Ich hätte es gern hier hochgeladen, aber der Zugang funktioniert nicht mehr, Server abgestürzt, Zugangsberechtigung expired, was weiß ich:

Wurmloch verstopft.

Ich kann es euch also nur beschreiben: Die Fläche leergeräumt, keine Caféhaustische mehr, das schwarzweiß eingelegte Muster des Fußbodens kommt endlich zur Geltung. In der Raummitte hängt eine riesige durchsichtige Kugel, wassergefüllt. Gefilmt wird von oben, von dem schmalen Vorsprung unter der Kuppel aus, dem Balkon, der um diesen Himmel herumführt und den man von unten nur erkennt, wenn man weiß, dass er existiert, doch ich weiß das schon lange. Die Person hinter der Kamera grüßt die Techniker, die am Aufhängungskabelwerk arbeiten. Ein Stimmengemurmel, das in die Höhe steigt. Was wird hier angebetet?

Zoom durch das Gitter auf dieses #HybridModel, Bianca, iBianca, an der ein paar Leute herumarbeiten. Nicht an den Hörnern, die hat sie schon, und die sind ziemlich komisch. Nein, die Haare werden ihr gemacht, eher ein Haarknäuel. Klar übrigens, dass jetzt die Achselhaare wieder kommen, hat ja sein müssen. Und ich glaube, der Haarkünstler beschwert sich, dass das hier lausige Arbeitsbedingungen sind und er keinen Platz hat.

Dann Chaos, und was dann passiert, glaubt ihr mir doch nicht, weiß auch nicht, wie man das nennen soll: Wurmauswurf. Entwindung. Hättet ihr sehen müssen. Dann rutscht die Kamera durch die Gitterstäbe, taumelt und knallt auf den Boden, ohne zu zerbrechen, wie es aussieht, das Auge zum Himmel. nG